Kleine Urlaubsüberraschung

(von Manfred Trzoska)

Im Rahmen einer Nilkreuzfahrt mit einem Ausflugspaket wurde unsere Gruppe, wie wohl auch alle anderen, zwischen dem Besuch des Karnaktempels und des kleineren Tempels in Luxor in einen Laden geführt, wo uns die Herstellung von Papyrus erklärt werden sollte.

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Natürlich wurde gleich der Verdacht bestätigt, dass es vor allem darum ging, dass unsere Gruppe anschließend fleißig die Gemälde auf Papyrus kaufte, die vor Ort angefertigt wurden. Auf Wunsch konnte man sich gleich seinen oder den Namen seines Lieblings in Hieroglyphen in einer Kartusche aufmalen lassen.

Zuvor hatte ich im Tal der Könige in einem Gang der vielen Gräber in einer Nische an der Wand eine farbige Darstellung der Einbalsamierung des Osiris durch den Totengott Anubis entdeckt, mit der Löwencouch und den vier Kanopen darunter. Leider war das Fotographieren in den Gräbern verboten und überall lauerten die Wächter, um einem die Karte aus der Kamera zu nehmen oder ein ordentliches Bestechungsgeld zu kassieren; letzteres ist nur meine Vermutung. Nun war ich so versessen darauf, ein solches Dokument mit nach Hause nehmen zu können, um provokativ zu Hause das Bild vom korrekten „Faksimile Nr. 1“ aufhängen zu können. Ich zeichnete eine Skizze von der Szene (Anubis, Osiris, Kanopen, Löwencouch und dem Falken), zeigte sie dem Reiseführer (der sich Ägyptologe nannte) und fragte, ob wir diese Szene irgendwo noch einmal sehen würden. „In Dendera“, sagte er spontan, „aber auf der Zeichnung fehlt noch die zur Taube gewordene Isis, die über der Mumie des Osiris schwebt.“ Das hatte mich verblüfft, dass er sofort erkannte, was zu dieser Szene dazu gehört, so wie damals schon im 19. Jahrhundert der Ägyptologe Deveria bemängelte. Zur Erinnerung noch einmal:

Der Papyrus, den Joseph Smith für die Anfertigung und Auslegung für Faksimile Nr. 1 benutzte, war defekt.

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Es fehlten der Kopf des Priesters und die Isis-Taube. Der Kopf des Priesters wurde von dem liegenden Osiris abkopiert und aufgesetzt. Eigentlich hätte dieser Priester einen Schakalskopf haben und Anubis repräsentieren müssen.

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(oben wird ein Falke gezeigt, der aber, so meine ich, eine Taube mit Menschenkopf sein sollte; vertauscht man die beiden Vogelköpfe, wäre es richtig)

Am rechten Rand des Ausschnitts waren noch die Flügelspitzen der Taube zu sehen, die aber als Fingerspitzen des liegenden Abraham gedeutet wurden, und in den fehlenden Raum, wo ursprünglich die Taube schwebte, wurde der Arm des Priesters mit dem langen Messer eingezeichnet.

Nun in diesem Papyrusladen kam mir der Gedanke, eine solche Zeichnung auf Papyrus, wenn auch Touristenkitsch, zu kaufen, um damit demonstrieren zu können, wie Faksimile Nr. 1 fälschlich rekonstruiert wurde. Der Reiseführer, als Dolmetscher fungierend, erklärte, dass man so etwas nicht malen würde, weil Christen an der Taube (Heiliger Geist) Anstoß nehmen würden; aber trotzdem begann man hektisch nach etwas zu suchen und… hielt mir dann einen Papyrus unter die Nase.

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Ich erschrak… Ein Priester ohne Anubismaske und mit einem langen Messer war zu sehen. Hatte Joseph Smith mit seiner Darstellung nun doch Recht gehabt? Aber eine Sekunde später sah ich die verblüffende Ähnlichkeit mit der Zeichnung im Buch Abraham und ich stieß aus: „Das ist eine Fälschung! Kennen Sie das Buch Abraham?“ Nervosität kam auf und ich wurde gefragt: „Was sind Sie, sind Sie Christ, oder was glauben Sie?“ „Ich bin nichts“, sagte ich. Man tuschelte und versuchte den Papyrus wieder zu verstecken. Ich wollte ihn aber trotzdem haben.

Merkwürdige Sache, die mich lange nachdenken ließ. Ich kam zum Schluss, dass ein Mormone in diesem Laden gewesen sein muss, mit der Köstlichen Perle in der Hand, um eine Zeichnung von Faksimile Nr. 1 anfertigen zu lassen. Entweder hatte er sie nicht abgeholt oder die Zeichner hatten noch eine weitere angefertigt. Später zu Hause habe ich diesen Touristenkitsch-Papyrus mit Faksimile Nr. 1 und mit dem Foto des Originalpapyrus verglichen und entdeckt, dass der Mormone auch das Foto vom Original den Zeichnern vorgelegt haben muss; denn die Hieroglyphen am rechten Rand erscheinen nur am Rande der Originalpapyri, während die vier Kolumnen über dem Arm des Priesters, an der Stelle, wo die Taube sein müsste, frei erfunden zu sein scheinen, teils hieroglyphisch und teils Phantasieschnörkel. Was steckt dahinter? Wollte jemand täuschen oder wollte derjenige nur ein reizvolles Souvenir? Aber wozu der Aufwand, zur Köstlichen-Perle-Abbildung noch ein Foto vom Originalpapyrus dazu zu legen?


Weitere ähnliche Beispiele der Szene mit Anubis und Osiris:

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Zum Portal --> Die Mormonen

 


 

Laut Joseph Smith hat er das Buch Abraham von einer Papyrusrolle aus dem Ägyptischen übersetzt. Als die Papyri wiedergefunden wurden, war man gespannt, ob Joseph Smith tatsächlich richtig übersetzen konnte.
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