Die Faksimiles
Obwohl Dr. Nibley später gezwungen war, eine Übersetzung des „Sensen-Textes“ zu veröffentlichen, versuchte er erst verzweifelt, die Aufmerksamkeit von den Papyri abzulenken und nur mit den Faksimiles zu arbeiten, die man im Buch Abraham findet:
"Von Anfang an ist dieser Schreiber zu Recht wegen einer fast dickfelligen Gleichgültigkeit den jüngst ausfindig gemachten Papyri (alle mit Ausnahme demjenigen, der Faksimile 1 entspricht) gegenüber angeklagt worden, die ein Beweis für oder gegen die Echtheit des Buches Abraham sind ... In den folgenden Artikeln werden wir nur die Faksimiles und ihre Auslegung diskutieren, wobei wir in Stille jene Schriftstücke übergehen, die nicht zum Buch Abraham gehören, obwohl jenes Buch das Endprodukt eines Prozesses gewesen sein kann, in dem sie eine Rolle gespielt hatten ...
Für diejenigen, die die Köstliche Perle angreifen oder verteidigen möchten gibt es genügend Material, das in den Faksimiles enthalten ist, um Dinge für eine kommende Zeit lebendig zu erhalten, ohne sich um hypothetische Behauptungen streiten zu müssen, während die ganz klaren Behauptungen der Faksimiles unbeachtet bleiben." (Improvement Era, November 1968, S. 36-38)
Es hat den sicheren Anschein, dass Ferguson damit Recht hatte, als er sagte, dass Dr. Nibley „sich nicht traute, dem wirklichen Streitpunkt in dieser Sache ins Gesicht zu sehen“. Er möchte offensichtlich, dass wir vergessen, dass die Papyri, von denen Joseph Smith das Buch Abraham "übersetzte", ausfindig gemacht worden sind, und das Buch Abraham an Hand der Faksimiles beurteilen. Dieser Vorschlag ist fast genauso lächerlich wie sein Vorschlag, dass wir das Buch Abraham auf Grund seiner Ähnlichkeit mit einer Zahl von alten apokryphischen Schriften beurteilen sollten. Die Faksimiles sind natürlich sehr wichtig und wir beabsichtigen, uns mit ihnen auseinander zu setzen, aber wir haben den Eindruck, dass das Wichtigste ist, dass das Originalfragment, das Joseph Smith als Text des Buches Abrahams benutzte, von Ägyptologen übersetzt und als nichts als ein Anhang zum "Buch der Atemzüge" erkannt worden ist. Welchen besseren Beweis könnte es geben als der, der durch die Übersetzung des Originaltextes geliefert wird? Diesen Beweis zu ignorieren, wie Nibley vorschlägt, hieße DIE WAHRHEIT VÖLLIG ZU IGNORIEREN.
Obwohl wir Dr. Nibleys Vorschlag, dass wir den "Sensen"-Text ignorieren sollen, nicht akzeptieren können, haben wir das Gefühl, dass wir sehr gute Argumente gegen das Buch Abraham allein auf der Grundlage der Faksimiles vorbringen können. Faksimile Nr. 1 zum Beispiel ist jetzt als Teil derselben Schriftrolle, von der der Sensen-Text stammt, identifiziert worden. In anderen Worten: Faksimile Nr. 1 ist in Wirklichkeit eine Illustration für das Buch der Atemzüge. Es war ein Glücksfall, dass sich der Originalpapyrus, von dem Faksimile Nr. 1 kopiert wurde, unter den elf wiederentdeckten Fragmenten im Metropolitan Museum of Arts befand. Professor Richard Parker bemerkte bezüglich dieses Papyrus: „Dies ist eine wohlbekannte Szene von den Osiris-Mysterien, mit Anubis, dem schakalköpfigen Gott, der auf der linken Seite dem Toten Osiris auf der Bahre dient. Die Restauration mit Bleistift (?) ist falsch. Anubis sollte schakalköpfig sein.“ (Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Sommer 1968, Seite 86) Professor Klaus Baer gibt folgende Information: „Die Vignette auf P.JS I ist ungewöhnlich, aber es gibt Parallelen dazu auf den Wänden der ptolemäischen Tempel Ägyptens; am nächsten kommen die Szenen in den Osiris-Kapellen auf dem Dach des Tempels von Dendera. Die Vignette zeigt die Auferstehung des Osiris (der auch der verstorbene Eigentümer des Papyrus ist) und die Empfängnis des Horus. Osiris (2) wird als ein Mann auf der Löwencouch (4) repräsentiert, bei ihm Anubis (3), der schakalköpfige Gott, der die Toten einbalsamierte und somit ihre Auferstehung und Existenz im Jenseits sicherte.“ (ebenda, Herbst 1968, Seite 117-18)
Klaus Baer von der University of Chicago hat unanfechtbar bewiesen, dass dies ein Teil derselben Schriftrolle ist, die den kleinen "Sensen"-Papyrus enthielt, den Joseph Smith als Grundlage für den Text des Buches Abraham benutzte. Er hat gezeigt, wenn man die beiden Fragmente zusammenlegt, dass sie perfekt zusammenpassen. (Siehe das Foto unten)
In Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Herbst 1968, Seite 112, schreibend erklärt Professor Baer:
"Es scheint, als wären sie auseinander geschnitten worden, nachdem sie aufgeklebt waren. Die Kanten auf der Fotographie passen genau aneinander und das Muster der senkrechten Linien, die auf der Rückseite im Abstand von ca. 2 cm aufgezeichnet wurden, setzt sich sogar von P.JS XI bis zum linken Ende von P. JS I fort, wenn man sie beide aneinander hält."
Gerade bevor sein Artikel in Dialogue abgedruckt wurde, ging Klaus Baer zur Brigham-Young-Universität und untersuchte die Original-Papyrusfragmente. Seine Arbeit an den Original-Manuskripten bestätigte die Forschungen, die er an Hand von Fotographien von den Papyri unternommen hatte. In einem Nachtrag zu seinem Artikel gab er folgende Information:
"Die Rückseiten [des Papiers auf dem die Papyri aufgeklebt waren] beider Papyri P. JS I enthalten Teile der in Fußnote 117 erwähnten Planskizze und sie passen eindeutig zusammen, wie in Fußnote 15 schon vermutet wurde. Zusammenpassende untere und obere Teile von Handgeschriebenem befinden sich auf beiden Papierstücken, wobei die Schnitt- bzw. Bruchstelle durch die Buchstaben verläuft. Der Faserverlauf zeigt, dass die Papyri zusammenhängende Teile derselben Schriftrolle waren und nicht nur einfach auf dasselbe Papier geklebt waren. Papyrusfasern sind immer unregelmäßig und können (wie Fingerabdrücke) dazu benutzt werden, um herauszufinden, ob Fragmente vom selben Stück stammen. In diesem Fall passen die Fasern am linken bzw. rechten Rand von P. JS. I und XI genau zusammen." (Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Herbst 1968, S. 133, 134)
Dr. Nibley hat zugegeben, dass Nr. 1 ein Teil derselben Schriftrolle war:
"Von besonderem Interesse für uns ist die enge Verbindung des "Buches der Atemzüge" zu den Faksimiles des Buches Abraham. Man kann mit Leichtigkeit zeigen, dass der Text von Joseph Smiths Pap. Nr. XI auf denselben Streifen des Materials wie Faksimile Nr. 1 geschrieben wurde - die Schrift beginnt direkt links neben der 'Löwencouch'-Szene - , indem man die Fasern der Papyri aneinanderfügt. Das Buch der Atemzüge des Britischen Museums, 'der Kerasher-Papyrus', enthält sowohl die Löwencouch-Szene als auch eine Szene, die unserem Fak. Nr. 3 gleicht, obwohl sie offenkundig eine andere Situation darstellt, obgleich dieselben Gegenstände und Figuren verwendet werden. Dieses letzte befindet sich am Beginn des 'Kerasher'-Textes und lässt annehmen, dass unser Fak. Nr. 3 ursprünglich ans andere Ende des Joseph-Smith-Papyrus, und zwar nach der letzten Spalte, die fehlt, angeknüpft war.
...somit ist unser 'Sensen'-Papyrus mit allen drei Faksimiles durch physischen Kontakt eng miteinander verbunden, was uns moralisch verpflichtet, mögliche Verwandtschaften zwischen den vier Dokumenten aufzuspüren." (Brigham Young University Studies, Winter 1971, S. 160,161)
In einem Untertitel zu einer Abbildung von Faksimile Nr. 1 in Hugh Nibleys Buch The Message of the Joseph Smith Papyri, S. 184, finden wir folgende Information:
„Die ‚Löwencouch’-Szene betrifft genau den Kern der ägyptischen Mysterien, die im Buch der Atemzüge dargelegt werden. Faksimile I vom Buch Abraham war das Anfangsstück von Joseph Smiths Buch der Atemzüge, Pap. X und XI.“
Der Text des Buches Abraham selbst zeigt, dass die Zeichnung, die als Faksimile Nr. 1 dargestellt wird, sich vermutlich am Beginn der Schriftrolle befand. In Abraham 1:12 lesen wir:
"Und es begab sich: Die Priester taten mir Gewalt an, um auch mich zu töten, wie sie es mit jenen Jungfrauen auf dem Altar getan hatten; und damit man Kenntnis habe von diesem Altar, will ich auf die Darstellung zu Beginn dieses Berichts verweisen."
Wie wir schon gezeigt haben, "übersetzte" Joseph Smith von dem kleinen "Sensen"-Text. Da er von links nach rechts arbeitete, hätte die Zeichnung auf der rechten Seite der Schriftrolle erscheinen müssen, um sich dann am "Beginn dieses Berichtes" zu befinden. Die Illustration, die oben gezeigt wurde, beweist, dass die Zeichnung zur rechten Seite des "Sensen"-Textes gefunden wurde, was mit der Erklärung in Abraham 1:12 übereinstimmt. Dies stimmt auch mit einer Erklärung in Abraham 1:14 überein, wo davon gesprochen wird, dass Faksimile Nr. 1 sich "am Beginn" des Berichtes befand.
Klaus Baer geht in dieser Sache noch einen "Schritt weiter" und zeigt, dass der Name Hor, den man im "Sensen"-Text und auf dem Fragment findet, das Joseph Smith für Faksimile Nr. 1 benutzte, , auch in Faksimile Nr. 3 zu finden ist. Er erklärt:
"Obwohl Hor im graeco-romanischen Ägypten ein verhältnismäßig gewöhnlicher Name ist, liegt es nahe, dass 'Faksimile Nr. 3' einen Teil desselben Manuskriptes wiedergibt wie 'Faksimile Nr. 1'. Hors Abschrift des 'Atmungs-Passierscheines' hätte dann also zwei Vignetten gehabt, eine am Beginn und eine weitere ('Faksimile Nr. 3') am Ende, eine Anordnung, die man auch bei anderen Abschriften desselben Textes vorfindet ... ein Vergleich mit der Fotographie zeigt, dass Faksimile Nr. 1 ursprünglich in Originalgröße gedruckt war, so mag die Tatsache, dass die Faksimiles Nr. 1 und 3 ungefähr dieselbe Größe haben, wohl bedeutsam sein. Dies würde man erwarten, wenn sie von derselben Schriftrolle herstammten." (Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Herbst 1968, S. 127)
Klaus Baer liest den Namen Hor aus den Hieroglyphen, die unter der Szene erscheinen, die in Faksimile Nr. 3 dargestellt wird. Diese Hieroglyphen sind in modernen Ausgaben der Köstlichen Perle sehr undeutlich, aber in der ersten Druckausgabe, die in Times and Seasons 1842 erschien, sind sie lesbar.
Faksimile Nr. 2 war nicht Teil der Papyrusrolle, die für den "Osiris Hor" geschrieben wurde, dennoch fügte Joseph Smith Geschriebenes von dem "Sensen"-Fragment Faksimile Nr. 2 hinzu. Unter den Worten, die er hinzufügte, finden wir die ägyptischen Wörter, die "Buch der Atemzüge" bedeuten. Wir werden später mehr darüber sagen müssen.
Auf der Abbildung oben wird der Leser eine grobe Skizze darüber finden, wie die Papyrusrolle wahrscheinlich zusammengehört.
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